My Upjers
Verfasst: Fr 13. Apr 2012, 17:02
Kurze Spielregel:
Bei diesem Spiel geht es darum, kürzere (oder auch längere) Geschichten auszutauschen.
Was für Geschichten sollen das sein? Möglichst lustige, in denen sich Figuren aus verschiedenen Upjers-Spielen treffen und in denen Sachverhalte auf die Schippe genommen werden, die in Spielen nun mal so sind, im RL aber befremdlich wirken. (Z.B., dass die Farmies in MFF wochenlang auf einer Stelle stehend auf die Bedienung warten.)
Da wir uns hier im Upjers-Forum befinden bitte auch nur Upjers-Spiele benutzen!
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So, ich mach mal den Anfang:
Das ist eine kleine Gedankenspielerei darüber, wie unsere armen Spielfiguren eigentlich leben müssen. Ich hoffe, ihr habt Spaß dran und ergänzt noch ein paar andere Spiele, die ich selber nicht kenne.
Am Freitag dem 13. hatte sich Ninurta vorgenommen, eine kleine Party für alle ihre Nachbarn auszurichten. Ihre Nachbarn, das waren die Menschen, welche dieselbe IP-Adresse mit ihr teilten. Ninurta kam daran nichts seltsam vor, wie es ihr auch nie in den Sinn gekommen wäre, sich danach zu fragen, ob sie denn einen Nachnamen besäße oder wie sie aussähe. Für sie gab es derzeit nur den Partyraum mit den Diskolaternen und den großen Büffettischen. Sorgfältig richteten Ninurta die Dekoration aus. Alles sollte perfekt sein, wenn die Gäste eintrafen!
Gerade wollte Ninurta noch ein letztes Mal Stäubchen von der Tischdecke schnippen, als ein völlig verwahrloster Jugendlicher durch die Tür gestürzt kam. Das Stützen war hier wörtlich zu nehmen, denn der Junge hatte tatsächlich Mühe, sich auf seinen Beinen zu halten. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, die Tür hinter sich zu schließen, sondern eilte, so schnell es ihm seine geschwächten Beine erlaubten, auf das Büffet zu. Am Ende fiel er mehr hinein, als dass er sich an den Tisch gestellt hätte, und machte sich hungrig über alles her, was Ninurta zuvor liebevoll angerichtet hatte. Unterschiedslos verschwanden Bratenscheiben, Pudding und Sandwiches im Schlund des Jungen. Teils amüsiert und teils wütend beobachtete Ninurta, wie der Besucher sich den Magen füllte. Wütend war sie nicht aufgrund seines Verhaltens, sondern ob der Tatsache, wie man einen Heranwachsenden dermaßen hungern lassen konnte. Dennoch, der Fremde erweckte trotz seiner Unterenährung einen kerngesunden Eindruck. "Nimm noch ein wenig Obst", sprach Ninurta ihn an, um ein Gespräch zu beginnen. Doch der fremde Junge schüttelte vehement seinen Kopf. "Nein! Ich kriege seit Wochen nichts anderes zu essen als ab und zu einen Apfel, eine Apfelsine oder eine Ananas. Jetzt will ich aber was Richtiges!" Kaum hatte der Gast den Mund geöffnet, da zuckte Ninurta zurück. Der Junge stank, als rauche er regelmäßig, obwohl er sicher noch keine achtzehn war. Auf Nachfragen gab er Auskunft, dass er ein paar feste Freunde hätte, mit denen er täglich Wasserpfeife schmauche. Offenbar handelte es sich um eine Clique von Straßenkindern, obwohl der Junge es in seinem Stolz anders ausdrückte. "Wir sind eine Gilde von Söldnern, aber wir kämpfen nur für die Guten", behauptete er dreist. In der Tat steckten zwei gefährlich aussehende Krummdolche in seinem Gürtel. "Wie wäre es denn mal mit Arbeiten?" neckte Ninurta. "Dann hättest du auch Geld für richtiges Essen." "Ich arbeite", stöhnte der Junge. "Ich trage Wasserkrüge und gebe Vorstellungen als Fakir. Meist 23 Stunden am Tag." Als Ninurta skeptisch die Stirn runzelte, fügte er rasch hinzu: "Und dabei verdiene ich richtig gut! Mehrere hunter Dinar! Aber..." Bei diesen Worten legte auch der Junge seine Stirn in Falten, "das ist schon komisch. Immer, wenn ich meinen Lohn erhalte, laufe ich zur Halle der Weisheit und trainiere dort. Und dann kaufe ich mir eine neue Waffe. Ich will das gar nicht. Viel lieber würde ich mir Klamotten kaufen, in denen ich schick für die Mädels aussehe. Einen tollen Palast und solches Essen wie deins hier! Ich würde auch gern ins Theater gehen und überhaupt eine Menge unternehmen. Aber ich bekomme es einfach nicht auf die Reihe. Es ist, als ob jemand Fremdes meine Handlungen steuerte... Ob ich vielleicht besessen bin?" Die Frage hätte aus dem Munde jedes anderen Jungen lächerlich gewirkt, doch dieser hier erweckte den Eindruck, direkt aus einem Märchen aus Tausend und einer Nacht entsprungen zu sein. So enthielt Ninurta sich erst einmal jedes Kommentars.
Mittlerweile war ein weiterer Gast eingetroffen. Auch dieser Gast lugte als erstes zum Büffet, um sich dann daran gütlich zu tun.
"Und Sie?" erkundigte sich Ninurta. "Sie sehen mir wie ein Bauer aus. Da müssen Sie doch gewiss nicht hungern?"
Der Gast erklärte, dass er alle möglichen Ackerpflanzen anbaue und auch Tiere hielte, die ihn mit Milch und Eiern versorgten. An Nahrung fehlte es ihm also nicht. "Und wie heißen Sie?" Eine andere Antwort als einen leeren Gesichtsausdruck erhielt Ninurta nicht. "Äh..." gab der Bauer schließlich von sich. "Mein Bauernhof heißt Dilmun. Hilft Ihnen das weiter? Und dann habe ich noch eine kleine Gärtnerei, die heißt genauso."
"Alter!" lies sich da der orientalische Junge vernehmen. "Wenn du deine Post holst, was steht denn da am Briefkasten?"
Der Bauer antworte, da stünde "Hof Dilmun". "An einem blauen Briefkasten. Ich sehe das ganz genau vor mir. Es ist nämlich das einzige Möbelstück in meinem Haus." Fasziniert lauschte Ninurta der Erzählung ihrer Gäste. Der eine musste im Hinterzimmer einer Teestube schlafen und der andere rollte sich jeden Abend auf den blanken Dielen seiner Hütte zusammen. Nicht einmal eine Decke besaß der arme Kerl! "Ich kuschle mich ins Fell meiner Katze, so einer weißen, langfelligen", erklärte er. "Die hilft mir gegen die Mäuse und die Kälte."
"Hat denn wenigstens Ihre Katze einen Namen?" Der Bauer schüttelte den Kopf auf Ninurtas Frage. "Nein. Das ist mir zu teuer."
Wieso das Benennen einer Katze teuer sein sollte, danach fragte die Gastgeberin lieber gar nicht erst.
Die beiden Männer erkundigten sich nun ihrerseits, wo denn die Frau wohne. Ninurta öffnete ihren Mund... und musste feststellen, dass sie auch keine bessere Antwort geben konnte, als ihre Gäste. "Ich, naja, ich übernachte manchmal in einem leeren Grasgehege in meinem Zoo. Oder auf einer Bank. Ich bin nämlich Eigentümerin eine Zoologischen Gartens." Ein Verwaltungsgebäude besaß sie nicht, gab die Frau an, denn sie wolle ja keine Mitarbeiter einstellen. Dafür sei ihr Zoo noch zu klein. "Komisch. Mir geht es wie dir", wandte sie sich an den Jugendlichen. "Immer, wenn ich mir etwas leisten könne, kaufe ich irgendwelchen Mist, den ich gar nicht brauche. Aber die Besucher freuen sich doch so, wenn ich ein neues Tier ausstellen kann! Und die gehen vor. Da bleibt eben kein Geld für ein Bett oder eine neue Jacke."
"Aha. Hm", murmelte der Bauer.
"Aber alle, die ich kenne, machen das so!" versuchte sich Ninurta noch an einer Erklärung.
"Neue Sachen sind doch ohnehin Drachendung!" ertönte da eine weibliche Stimme. In der Tür stand stand eine Frau mit kurzem Haarschnitt, die mit einem Plattenpanzer gerüstet war. Derartige Rüstungen hatten einst die Ritter getragen, wenn sie zu einem Turnier antraten. Für den Alltag oder dem Kampf zu Fuß waren sie ungeeignet. Dennoch bewegte sich die Ritterin scheppernd tiefer in den Raum. "Ich meine, Ihr wachst ja doch viel zu schnell aus den Rüstungsteilen heraus", sprach sie. "Kauft Euch lieber solide Attribute!"
Ninurta wusste nun zwar mit dem Begriff als solchem etwas anzufangen, doch wie man ein Attribut mit Geld kaufen sollte, blieb ihr schleierhaft. Offenbar hatten sich die Menschen im Mittelalter wirklich ganz anders ausgedrückt, so dass die Heutigen sie nicht mehr verstanden. Die Frau überlegte, dass die Ritterin möglicherweise Schmuck meinte.
"Wächterin Tiamat lautet mein Name, Drachenherrscherin vom Clan Die wilde 13", verkündete die Kriegerin. Nun endlich gab auch der Teenager seinen Namen preis: "Kethri, Oberhaupt der Desert Winds."
Trotz ihres unterschiedlichen Alters und ihrer Herkunft aus völlich verschiedenen Kulturen verstanden sich die beiden Gildenoberhäupter auf Anhieb. Schon bald tauschten sie sich über Dinge aus, die Ninurta weder verstand, noch verstehen wollte. Der namenlose Bauer hingegen verwickelte sie in ein angeregtes Gespräch über die Schafhaltung. Er plante, so erfuhr Ninurta, sich eine kleine Herde in Australien zuzulegen. "Sie können von mir jederzeit gern Schafe bekommen!" erklärte sie sogleich. "Und zu je 2 Schafen gebe ich Ihnen auch Zabra gleich mit dazu! Besitzen sie vielleicht zufällig ein Teil vom Känguruh? In Australien?"
"Wie meinen Sie das: ein Teil?" Verwundert trat der Bauer ein paar Schritte zurück. "Das können sie aber gleich vergessen, meine Dame! Ich schlachte meine Tiere nicht!"
Ninurta überlegte. Ja, wie hatte sie ihre Frage denn nun eigentlich gemeint? Sie wusste es selbst nicht genau zu sagen. "Ich meine die Teile, aus denen sich Tiere zusammensetzen", meinte sie schließlich.
"Ach so, Gene. Nein, in Gentechnik mache ich nicht. Sehen Sie, ich bin nämlich Biobauer."
"Ach so", erwiderte die Zoobesitzerin. "Naja, schade. Ich hätte übrigens auch noch Interesse an Genen von Spielplätzen und Andenkenläden."
Erneut wich der Bauer ein wenig von der offensichtlich geistig verwirrten Frau zurück. Er lief direkt in einen ganz in Grün gekleideten Mann hinein...
Der Ankömmling trug eine Angel über Schulter, einen Eimer in der Hand und den Schlüssel zum Bootshaus am Gürtel.
"Tag! Ich bin Enki", rief er fröhlich in die Runde. "Vom Institut für Gewässerschutz."
Nachdem die restlichen Answesenden den Mann begrüßt hatten, erkundigte sich Ninurta neugierig: "Und, Herr Enki, wohnen Sie denn irgendwo?"
"Vielleicht in seinem Verein", warf Kethri achselzuckend ein. "Wir Desert Winds habe uns auch eine Hütte gebaut. Aber da wohne ich nicht."
"Ich wohne ebenfalls nicht an meinem Arbeitsplatz", schmunzelte der Angler. "Obwohl es manchmal schon so aussieht, als wäre das Angeln mein Leben und daneben gäbe es nichts anderes. Außer vielleicht den Steinbruch. Da muss ich manchmal hin..."
"Ein Verbrecher!" schoss es Ninurta durch den Kopf. Sie stellte sich den Angler mit einer schweren Eisenkugel an einer um den Fuß geschmiedeten Kette vor, wie er Steine klopfte.
"Aber zu Ihrer Frage", sprach Enki, "ich besitze ein Haus im Ortszentrum von Angelbachtal."
"Und haben Sie es schön dort?"
"Ja! In meinem Haus stehen schon sechs Aquarien! Im ersten habe ich meine Lieblinge untergebracht, darunter meine vollständige Sammlung von Magic Disco Queens, alle selbstgezüchtet, und um dritten..."
"Wir wollen nicht wissen, wie Ihre Fische wohnen", lächelte der Bauer, "sondern wie Sie es sich eingerichtet haben!"
"Wieso eingerichtet? Ich habe sechs Aquarien!" Der Angler grummelte etwas vor sich hin, das darauf hinauslief, dass er noch mehr Becken besitzen könne, müsste er nicht auf etwas anderes sparen. "Ich besitze ein Boot", erklärte er schließlich. "Aber darin schlafe ich natürlich nicht. Ich habe ja mein Haus."
"In dem ausschließlich Fischbecken stehen", kam Ninurta auf das Problem zurück.
"Sagt die Frau, die in einem kleinen Graslandgehege übernachtet", grinste Kethri.
"Ich würde euch ja in meine burg einladen, aber da haben nur Mitglieder des Clans Zutritt", mischte sich Tiamat ein. "Das müsst Ihr verstehen, Gevattern, wir haben schon ziemlich gut ausgebaut und möchten nicht, dass jemand unser Verteidigungsanlagen ausspioniert. Selbst, wenn ich Euch vertraute, was ich auch tue, so kann ich mir nicht sicher sein, dass nicht einer von Euch unter der Folter unsere Geheimnisse preisgeben würde."
"Folter?! Geheimnisse?!" entfuhr es Ninurta. "Du liebe Zeit, wo kommen Sie denn her?! Und was kommt heute noch alles?"
Die Frage hätte sie besser nicht gestellt, denn im selben Moment betrat ein menschegroßer, aufrechtgehender Rabe den Raum. Das Gefieder des Tiers glänzte in einem metallischen Gelbton und am Gürtel trug es eine Lanze.
"Die hab ich zuerst gesehen!" rief Kethri aus.
"Nein, ich will die Lanze!" widersprach Tiamat und schon balgten sich die beiden neben dem Büffettisch.
"Der bringt mir mindestens vier Besucher extra!" frohlockte Ninurta. Sie fragte sich, ob ein einfaches Grasgehege für den exotischen Vogel ausreichen mochte. Papageien gaben sich ja auch damit zufrieden.
Enki zuckte die Schultern, wandte sich dem Büffet zu und würdigte den Neuankömmling dann keines Blickes mehr. "Vögel", erklärte er
"lenken nur beim Angeln ab. Sie huppen ständig auf und ab, aber ich habe gelernt, da nicht mehr drauf zu achten."
Der Bauer nickte dazu. "Ich habe meine abgestellt", meinte er.
"Wie bitte? Sie haben die Vögel abgestellt?!"
"Ja, aber erstmal nur in Deutschland", gab der Bauer Auskunft. "In Australien habe ich es vergessen."
Verdutzt schob sich Enki ersteinmal ein paar Kartoffelchips in den Mund. Es schmeckte herrlich! Ganz so, als handle es sich um das erste, das der Mann jemals in seinem Leben zu sich genommen hatte. Wie hatte er bisher nur ohne zu Essen auskommen können, fragte er sich? Und ob der große Wurstfisch seines Nachbarn wohl noch zwischen zwei Brötchenhälften passte?
Dem Rabenvogel erschien das alles zu dumm. Er steckte seinen Kopf unter die Flügel und verschlief diesen merkwürdigen Tag.
Bei diesem Spiel geht es darum, kürzere (oder auch längere) Geschichten auszutauschen.
Was für Geschichten sollen das sein? Möglichst lustige, in denen sich Figuren aus verschiedenen Upjers-Spielen treffen und in denen Sachverhalte auf die Schippe genommen werden, die in Spielen nun mal so sind, im RL aber befremdlich wirken. (Z.B., dass die Farmies in MFF wochenlang auf einer Stelle stehend auf die Bedienung warten.)
Da wir uns hier im Upjers-Forum befinden bitte auch nur Upjers-Spiele benutzen!
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So, ich mach mal den Anfang:
Das ist eine kleine Gedankenspielerei darüber, wie unsere armen Spielfiguren eigentlich leben müssen. Ich hoffe, ihr habt Spaß dran und ergänzt noch ein paar andere Spiele, die ich selber nicht kenne.
Am Freitag dem 13. hatte sich Ninurta vorgenommen, eine kleine Party für alle ihre Nachbarn auszurichten. Ihre Nachbarn, das waren die Menschen, welche dieselbe IP-Adresse mit ihr teilten. Ninurta kam daran nichts seltsam vor, wie es ihr auch nie in den Sinn gekommen wäre, sich danach zu fragen, ob sie denn einen Nachnamen besäße oder wie sie aussähe. Für sie gab es derzeit nur den Partyraum mit den Diskolaternen und den großen Büffettischen. Sorgfältig richteten Ninurta die Dekoration aus. Alles sollte perfekt sein, wenn die Gäste eintrafen!
Gerade wollte Ninurta noch ein letztes Mal Stäubchen von der Tischdecke schnippen, als ein völlig verwahrloster Jugendlicher durch die Tür gestürzt kam. Das Stützen war hier wörtlich zu nehmen, denn der Junge hatte tatsächlich Mühe, sich auf seinen Beinen zu halten. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, die Tür hinter sich zu schließen, sondern eilte, so schnell es ihm seine geschwächten Beine erlaubten, auf das Büffet zu. Am Ende fiel er mehr hinein, als dass er sich an den Tisch gestellt hätte, und machte sich hungrig über alles her, was Ninurta zuvor liebevoll angerichtet hatte. Unterschiedslos verschwanden Bratenscheiben, Pudding und Sandwiches im Schlund des Jungen. Teils amüsiert und teils wütend beobachtete Ninurta, wie der Besucher sich den Magen füllte. Wütend war sie nicht aufgrund seines Verhaltens, sondern ob der Tatsache, wie man einen Heranwachsenden dermaßen hungern lassen konnte. Dennoch, der Fremde erweckte trotz seiner Unterenährung einen kerngesunden Eindruck. "Nimm noch ein wenig Obst", sprach Ninurta ihn an, um ein Gespräch zu beginnen. Doch der fremde Junge schüttelte vehement seinen Kopf. "Nein! Ich kriege seit Wochen nichts anderes zu essen als ab und zu einen Apfel, eine Apfelsine oder eine Ananas. Jetzt will ich aber was Richtiges!" Kaum hatte der Gast den Mund geöffnet, da zuckte Ninurta zurück. Der Junge stank, als rauche er regelmäßig, obwohl er sicher noch keine achtzehn war. Auf Nachfragen gab er Auskunft, dass er ein paar feste Freunde hätte, mit denen er täglich Wasserpfeife schmauche. Offenbar handelte es sich um eine Clique von Straßenkindern, obwohl der Junge es in seinem Stolz anders ausdrückte. "Wir sind eine Gilde von Söldnern, aber wir kämpfen nur für die Guten", behauptete er dreist. In der Tat steckten zwei gefährlich aussehende Krummdolche in seinem Gürtel. "Wie wäre es denn mal mit Arbeiten?" neckte Ninurta. "Dann hättest du auch Geld für richtiges Essen." "Ich arbeite", stöhnte der Junge. "Ich trage Wasserkrüge und gebe Vorstellungen als Fakir. Meist 23 Stunden am Tag." Als Ninurta skeptisch die Stirn runzelte, fügte er rasch hinzu: "Und dabei verdiene ich richtig gut! Mehrere hunter Dinar! Aber..." Bei diesen Worten legte auch der Junge seine Stirn in Falten, "das ist schon komisch. Immer, wenn ich meinen Lohn erhalte, laufe ich zur Halle der Weisheit und trainiere dort. Und dann kaufe ich mir eine neue Waffe. Ich will das gar nicht. Viel lieber würde ich mir Klamotten kaufen, in denen ich schick für die Mädels aussehe. Einen tollen Palast und solches Essen wie deins hier! Ich würde auch gern ins Theater gehen und überhaupt eine Menge unternehmen. Aber ich bekomme es einfach nicht auf die Reihe. Es ist, als ob jemand Fremdes meine Handlungen steuerte... Ob ich vielleicht besessen bin?" Die Frage hätte aus dem Munde jedes anderen Jungen lächerlich gewirkt, doch dieser hier erweckte den Eindruck, direkt aus einem Märchen aus Tausend und einer Nacht entsprungen zu sein. So enthielt Ninurta sich erst einmal jedes Kommentars.
Mittlerweile war ein weiterer Gast eingetroffen. Auch dieser Gast lugte als erstes zum Büffet, um sich dann daran gütlich zu tun.
"Und Sie?" erkundigte sich Ninurta. "Sie sehen mir wie ein Bauer aus. Da müssen Sie doch gewiss nicht hungern?"
Der Gast erklärte, dass er alle möglichen Ackerpflanzen anbaue und auch Tiere hielte, die ihn mit Milch und Eiern versorgten. An Nahrung fehlte es ihm also nicht. "Und wie heißen Sie?" Eine andere Antwort als einen leeren Gesichtsausdruck erhielt Ninurta nicht. "Äh..." gab der Bauer schließlich von sich. "Mein Bauernhof heißt Dilmun. Hilft Ihnen das weiter? Und dann habe ich noch eine kleine Gärtnerei, die heißt genauso."
"Alter!" lies sich da der orientalische Junge vernehmen. "Wenn du deine Post holst, was steht denn da am Briefkasten?"
Der Bauer antworte, da stünde "Hof Dilmun". "An einem blauen Briefkasten. Ich sehe das ganz genau vor mir. Es ist nämlich das einzige Möbelstück in meinem Haus." Fasziniert lauschte Ninurta der Erzählung ihrer Gäste. Der eine musste im Hinterzimmer einer Teestube schlafen und der andere rollte sich jeden Abend auf den blanken Dielen seiner Hütte zusammen. Nicht einmal eine Decke besaß der arme Kerl! "Ich kuschle mich ins Fell meiner Katze, so einer weißen, langfelligen", erklärte er. "Die hilft mir gegen die Mäuse und die Kälte."
"Hat denn wenigstens Ihre Katze einen Namen?" Der Bauer schüttelte den Kopf auf Ninurtas Frage. "Nein. Das ist mir zu teuer."
Wieso das Benennen einer Katze teuer sein sollte, danach fragte die Gastgeberin lieber gar nicht erst.
Die beiden Männer erkundigten sich nun ihrerseits, wo denn die Frau wohne. Ninurta öffnete ihren Mund... und musste feststellen, dass sie auch keine bessere Antwort geben konnte, als ihre Gäste. "Ich, naja, ich übernachte manchmal in einem leeren Grasgehege in meinem Zoo. Oder auf einer Bank. Ich bin nämlich Eigentümerin eine Zoologischen Gartens." Ein Verwaltungsgebäude besaß sie nicht, gab die Frau an, denn sie wolle ja keine Mitarbeiter einstellen. Dafür sei ihr Zoo noch zu klein. "Komisch. Mir geht es wie dir", wandte sie sich an den Jugendlichen. "Immer, wenn ich mir etwas leisten könne, kaufe ich irgendwelchen Mist, den ich gar nicht brauche. Aber die Besucher freuen sich doch so, wenn ich ein neues Tier ausstellen kann! Und die gehen vor. Da bleibt eben kein Geld für ein Bett oder eine neue Jacke."
"Aha. Hm", murmelte der Bauer.
"Aber alle, die ich kenne, machen das so!" versuchte sich Ninurta noch an einer Erklärung.
"Neue Sachen sind doch ohnehin Drachendung!" ertönte da eine weibliche Stimme. In der Tür stand stand eine Frau mit kurzem Haarschnitt, die mit einem Plattenpanzer gerüstet war. Derartige Rüstungen hatten einst die Ritter getragen, wenn sie zu einem Turnier antraten. Für den Alltag oder dem Kampf zu Fuß waren sie ungeeignet. Dennoch bewegte sich die Ritterin scheppernd tiefer in den Raum. "Ich meine, Ihr wachst ja doch viel zu schnell aus den Rüstungsteilen heraus", sprach sie. "Kauft Euch lieber solide Attribute!"
Ninurta wusste nun zwar mit dem Begriff als solchem etwas anzufangen, doch wie man ein Attribut mit Geld kaufen sollte, blieb ihr schleierhaft. Offenbar hatten sich die Menschen im Mittelalter wirklich ganz anders ausgedrückt, so dass die Heutigen sie nicht mehr verstanden. Die Frau überlegte, dass die Ritterin möglicherweise Schmuck meinte.
"Wächterin Tiamat lautet mein Name, Drachenherrscherin vom Clan Die wilde 13", verkündete die Kriegerin. Nun endlich gab auch der Teenager seinen Namen preis: "Kethri, Oberhaupt der Desert Winds."
Trotz ihres unterschiedlichen Alters und ihrer Herkunft aus völlich verschiedenen Kulturen verstanden sich die beiden Gildenoberhäupter auf Anhieb. Schon bald tauschten sie sich über Dinge aus, die Ninurta weder verstand, noch verstehen wollte. Der namenlose Bauer hingegen verwickelte sie in ein angeregtes Gespräch über die Schafhaltung. Er plante, so erfuhr Ninurta, sich eine kleine Herde in Australien zuzulegen. "Sie können von mir jederzeit gern Schafe bekommen!" erklärte sie sogleich. "Und zu je 2 Schafen gebe ich Ihnen auch Zabra gleich mit dazu! Besitzen sie vielleicht zufällig ein Teil vom Känguruh? In Australien?"
"Wie meinen Sie das: ein Teil?" Verwundert trat der Bauer ein paar Schritte zurück. "Das können sie aber gleich vergessen, meine Dame! Ich schlachte meine Tiere nicht!"
Ninurta überlegte. Ja, wie hatte sie ihre Frage denn nun eigentlich gemeint? Sie wusste es selbst nicht genau zu sagen. "Ich meine die Teile, aus denen sich Tiere zusammensetzen", meinte sie schließlich.
"Ach so, Gene. Nein, in Gentechnik mache ich nicht. Sehen Sie, ich bin nämlich Biobauer."
"Ach so", erwiderte die Zoobesitzerin. "Naja, schade. Ich hätte übrigens auch noch Interesse an Genen von Spielplätzen und Andenkenläden."
Erneut wich der Bauer ein wenig von der offensichtlich geistig verwirrten Frau zurück. Er lief direkt in einen ganz in Grün gekleideten Mann hinein...
Der Ankömmling trug eine Angel über Schulter, einen Eimer in der Hand und den Schlüssel zum Bootshaus am Gürtel.
"Tag! Ich bin Enki", rief er fröhlich in die Runde. "Vom Institut für Gewässerschutz."
Nachdem die restlichen Answesenden den Mann begrüßt hatten, erkundigte sich Ninurta neugierig: "Und, Herr Enki, wohnen Sie denn irgendwo?"
"Vielleicht in seinem Verein", warf Kethri achselzuckend ein. "Wir Desert Winds habe uns auch eine Hütte gebaut. Aber da wohne ich nicht."
"Ich wohne ebenfalls nicht an meinem Arbeitsplatz", schmunzelte der Angler. "Obwohl es manchmal schon so aussieht, als wäre das Angeln mein Leben und daneben gäbe es nichts anderes. Außer vielleicht den Steinbruch. Da muss ich manchmal hin..."
"Ein Verbrecher!" schoss es Ninurta durch den Kopf. Sie stellte sich den Angler mit einer schweren Eisenkugel an einer um den Fuß geschmiedeten Kette vor, wie er Steine klopfte.
"Aber zu Ihrer Frage", sprach Enki, "ich besitze ein Haus im Ortszentrum von Angelbachtal."
"Und haben Sie es schön dort?"
"Ja! In meinem Haus stehen schon sechs Aquarien! Im ersten habe ich meine Lieblinge untergebracht, darunter meine vollständige Sammlung von Magic Disco Queens, alle selbstgezüchtet, und um dritten..."
"Wir wollen nicht wissen, wie Ihre Fische wohnen", lächelte der Bauer, "sondern wie Sie es sich eingerichtet haben!"
"Wieso eingerichtet? Ich habe sechs Aquarien!" Der Angler grummelte etwas vor sich hin, das darauf hinauslief, dass er noch mehr Becken besitzen könne, müsste er nicht auf etwas anderes sparen. "Ich besitze ein Boot", erklärte er schließlich. "Aber darin schlafe ich natürlich nicht. Ich habe ja mein Haus."
"In dem ausschließlich Fischbecken stehen", kam Ninurta auf das Problem zurück.
"Sagt die Frau, die in einem kleinen Graslandgehege übernachtet", grinste Kethri.
"Ich würde euch ja in meine burg einladen, aber da haben nur Mitglieder des Clans Zutritt", mischte sich Tiamat ein. "Das müsst Ihr verstehen, Gevattern, wir haben schon ziemlich gut ausgebaut und möchten nicht, dass jemand unser Verteidigungsanlagen ausspioniert. Selbst, wenn ich Euch vertraute, was ich auch tue, so kann ich mir nicht sicher sein, dass nicht einer von Euch unter der Folter unsere Geheimnisse preisgeben würde."
"Folter?! Geheimnisse?!" entfuhr es Ninurta. "Du liebe Zeit, wo kommen Sie denn her?! Und was kommt heute noch alles?"
Die Frage hätte sie besser nicht gestellt, denn im selben Moment betrat ein menschegroßer, aufrechtgehender Rabe den Raum. Das Gefieder des Tiers glänzte in einem metallischen Gelbton und am Gürtel trug es eine Lanze.
"Die hab ich zuerst gesehen!" rief Kethri aus.
"Nein, ich will die Lanze!" widersprach Tiamat und schon balgten sich die beiden neben dem Büffettisch.
"Der bringt mir mindestens vier Besucher extra!" frohlockte Ninurta. Sie fragte sich, ob ein einfaches Grasgehege für den exotischen Vogel ausreichen mochte. Papageien gaben sich ja auch damit zufrieden.
Enki zuckte die Schultern, wandte sich dem Büffet zu und würdigte den Neuankömmling dann keines Blickes mehr. "Vögel", erklärte er
"lenken nur beim Angeln ab. Sie huppen ständig auf und ab, aber ich habe gelernt, da nicht mehr drauf zu achten."
Der Bauer nickte dazu. "Ich habe meine abgestellt", meinte er.
"Wie bitte? Sie haben die Vögel abgestellt?!"
"Ja, aber erstmal nur in Deutschland", gab der Bauer Auskunft. "In Australien habe ich es vergessen."
Verdutzt schob sich Enki ersteinmal ein paar Kartoffelchips in den Mund. Es schmeckte herrlich! Ganz so, als handle es sich um das erste, das der Mann jemals in seinem Leben zu sich genommen hatte. Wie hatte er bisher nur ohne zu Essen auskommen können, fragte er sich? Und ob der große Wurstfisch seines Nachbarn wohl noch zwischen zwei Brötchenhälften passte?
Dem Rabenvogel erschien das alles zu dumm. Er steckte seinen Kopf unter die Flügel und verschlief diesen merkwürdigen Tag.