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Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Mo 25. Mär 2013, 20:49
von Gast
Hinweis: Alles, was in der Chronik beschrieben wird, passiert auch wirklich im Spiel. Wenn da steht, ich habe eine Mühle, dann habe ich auch eine u.s.w. Es ist also nix ausgedacht, nur halt öfters mal ein wenig ausgeschmückt. Ja, und manchmal mehr als nur ein wenig, da die Geschichte im Laufe der Zeit doch ein starkes Eigenleben entwickelt hat ;)

"Die Dorfchronik von Mühlingen" ist eine Fanfiction zum Spiel My little Farmies von Upjers
Die Story selbst und alle nicht aus dem Spiel entlehnten Charaktere sind © Nicole Schmidt 2013-2014
...allerdings müsste ein Autor schon sehr verzweifelt sein, wenn er glaubt, meine Dorfchronik stehlen zu müssen :lol:

Die ersten fünf Spieltage

An einer alten Römerstraße wurde die Ortschaft Mühlingen durch den Bauern Ottomar, seine Verlobte Roswita und den herumziehenden Spielmann Enki gegründet. Für ihre bisherigen Dienste am Landesherren beschenkte der Edle die drei mit einer kleinen Goldspende von 5 Barren und verlieh ihnen das Recht, hier eine Mühle zu betreiben.
Sogleich rissen sie die Reste der marode Straße ab und legten einen neuen Weg nach Süden hin an, auf dass die Einwohner der umliegenden Dörfer ihr Korn zum Mahlen hierher bringen konnten. Von ihrem Gold erwarben sie außerdem eine Lizenz für einen kleinen Markt und errichteten einen schönen Verkaufsstand.
Ein wenig Getreide- und Gemüseanbau sowie Kleinviehhaltung für den Eigenbedarf sicherten die Grundversorgung des Trios.
Die Investitionen zahlten sich aus und noch im selben Jahr konnten die Herren der Mühle zweimal günstig Land hinzupachten. Nach und nach machten sie diese bisher unerschlossene Wildnis urbar, legten Sümpfe trocken und rodeten die Wälder - allerdings vorausschauend nicht zu radikal, denn Eiche, Kiefer und Ahorn versprachen guten Gewinn für die Zukunft.
Für ihre vorbildliche Leistung erhielten die Siedler erneut eine Goldprämie.

In den kommenden Monaten hörten Ottomar und Roswita von vielen Dingen, die sie auch auf ihrem Hof haben wollten, doch jedesmal setzte sich der Spielmann als die Stimme der Vernunft durch, sonst wäre Mühlingen wohl sofort von dem Pärchen in den Ruin getrieben wurden. „Unsere Hasen für den Sonntagsbraten will ich wohl eigenhändig mit der Schlinge im Wald fangen“, sprach er zur Roswita. „Setz du lieber Hennen in die Gatter, Gevatterin, auf dass sie uns viele Eier legen!“

Wie nun immer mehr Menschen die Mühle aufsuchten, kam es natürlich auch zu Wartezeiten. Daher verfielen die Herren Mühlingens auf den Gedanken, ein paar Ahornbäume zu fällen, von dem Holz eine kleine Sitzecke anzulegen, diese mit Blumen und Büschen zu dekorieren und den Markt um zwei Buden zu erweitern. Daneben enstand ein Gebäude mit hölzernen Wänden und einem Fundament aus Feldsteinen, welche die Mühlinger vom Acker gelesen hatten. Das restliche Holz konnten sie teuer verkaufen und davon einen Backofen anzuschaffen. Von ihrem eigenen Mehl buken sie Brot und Dauerkuchen, die sie den Wartenden servierten und als Reiseproviant verkauften.
Mit den drei Gründern, dem Müller und seinem Weib der Bäckerin lebten nun schon fünf Personen dauerhaft im Örtchen. Außerdem hielten sich fünf bis sechs Tagelöhner täglich an der Mühle auf.
Doch noch immer fielen genügend Pflaumen, Kartoffeln, Kohlköpfe und Eier ab, die die Mühlinger in ihrem Markstand verkaufen konnten.

Das einst von Sümpfen und Baumstämmen geprägte Land wich allmählich weiten Feldern und Obsthainen. Der wachsende Wohlstand Mühlingens blieb nicht unbemerkt. Schon bald fanden sich skrupellose Spekulanten dort ein, wo sich einst die Römerstraße befunden hatte und errichteten eine kleine Handelsstation. Doch aufgrund der Wucherpreise dort kauften die Bauern lieber in Mühlingen ein. Immerhin – wer sich einmal mit dem Großhandler eingelassen hatte, der konnte von sich behaupten, zwar im Geldbeutel ärmer, daber dafür um wertvolle Erfahrung reicher zu sein.
Enki verschaffte den Hühnern ein wenig mehr Platz und zimmerte ihnen überdies einen Stall zum Unterschlüpfen. Roswita stellte Becken mit klarem, sauberem Wasser und Futternäpfe in den Gattern auf. Auch verzichteten die Mühlinger nun auf einen Teil der Eier, um sie ausbrüten zu lassen. Das sich die Hennen in ihrem neuen Quartier überaus wohlfühlten, legten sie von nun an besonders fleißig.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 00:51
von Gast
Die Siedler hatten viel erreicht, worauf sie stolz zurückschauen konnten. Die Tage des rasanten Aufbaus waren vorbei, und nur noch Kleinigkeiten gab es zu verändern: Hier eine neue Klappe an den Backofen, damit Brot und Kuchen gleichzeitig zubereitet werden konnten, und da ein kleiner Anbau, der den Stauraum im Lagerhaus um ein Drittel erweiterte.
Sieben dauerhafte Bewohner zählte das Dörfchen nun, dazu die drei Gründer und die Müllersfamilie.
In der folgenden Zeit erlaubten die Mühlinger dem Alltag mit seinen ewig wiederkehrende Routinen Einzug zu halten. Ottomar phantasierte davon, wie es wohl wäre, wenn Mühlingen einmal so bekannt wäre, dass die königliche Kutschgesellschaft hier eine Sation einrichtete, Roswita träumte davon, sich die Arbeit von Knechten und Mägen abnehmen zu lassen, nur Enkis Gedanken weilten in der Vergangenheit anstatt in der Zukunft. Es verging kein Abend, an dem der Spielmann die anderen nicht mit Geschichten über seine Reisen in ferne Länder oder dreiste Anglermärchen unterhalten hätte.
Das Leben gleich einem stetig dahinfließenden Strom und es war einfach nur schön.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: So 31. Mär 2013, 14:26
von Gast
Einen kleinen Flecken Land gleich neben dem Lagerhaus reservierten Ottmar und Roswita für den Weinbau. Mit dem Verkauf von Trauben ließ sich gutes Geld machen, auch, wenn man keine Brenn- oder Keltererlaubnis besaß. Aber was nicht war, das konnte ja noch werden, oder? Der Landesherr schien zumindest nicht abgeneigt, dem Paar gegen die Zahlung einer gewissen Summe die gewünschte Lizenz auszustellen. Doch vorher sollten sie demonstrieren, ob sie überhaupt schlichten Traubenmost herzustellen in der Lage waren. Nach einer kurzen Rechnung des Platzbedarfes und der Einstiegskosten entschieden sich die Ortsgründer jedoch vorerst gegen den Plan und beschränkten sich weiterhin auf ihre Müllertätigkeit.

Die Mühlinger fühlten sich nun zuhause in ihrer Siedlung. Noch immer wartete die Umgebung mit Überraschungen auf. An einem dieser Tage brachte Enki Kamillenblüten aus dem Wald mit, die sofort reißenden Absatz fanden. Doch von derlei Zufällen war das kleine Örtchen längst nicht mehr abhängig. Die mit dem Mühlinger Korn gefütterten Küken wuchsen nämlich zu besonders fetten, legefreudigen Hennen heran. Fast schien es, als entwickle sich allmählich eine neue Hühnerrasse und die Bauern aus dem Umland bezahlten höhere Preise als üblich für die Tiere.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: So 31. Mär 2013, 23:21
von Gast
Einwohner: Dorfoberhäupter: 3/ Handwerker: 2 / Bauern: 8

Zum Osterfest erwartete die Dörfler eine kleine Überraschung: Ein Herold des Landesherren brachte mehrere Setzlinge vorbei, die einmal zu prachtvollen Zierbüschen heranwachsen sollten. Und siehe da – eine herrenlose Magd, die ihr Glück eigentlich in der Stadt hatte versuchen wollen, entschied sich ob des hübschen Anblicks, sich lieber in Mühlingen niederzulassen.
Acht Menschen arbeiteten nun bereits auf den Feldern und kaufen natürlich auch an den Ständen ein. Ottmar nahm dies zum Anlass, erneut Land zuzupachten. Hätte er nur den Spielmann mit seiner Silberzunge mitgenommen! Doch, nein, der Bauer ging allein in die Stadt und unterzeichnete dort ohne nachzudenken einen Vertrag, der ihn mit einem Stück Sumpfland dastehen ließ. Da war nichts mehr dran zu rütteln, Geschäft war Geschäft.
Da die Mühlinger eigentlich eher eine Großfamilie denn eine Dorfgemeinschaft waren, schimpften sie ihrem Dorfoberhaupt zwar die Ohren heiß, krempelten aber gleichzeitig die Ärmel hoch und halfen ihm, die Misere zu bereinigen. Und das im Wortsinn: Mit vereinter Kraft machten sich alle daran, die Tümpel trocken zu legen, Findlinge zu zerschlagen und die Wurzeln uralter umgestürzter Bäume auszugraben.

Indessen wurden die Kunden immer anspruchsvoller. Sie fragten an den Marktständen nach Schafswolle oder sogar Stoffballen, nach zubereiteten Suppen und bearbeitetem Holz bis hin zu fertigen Möbeln. Dabei standen doch nur eine Mühle und ein paar Hühnergatter auf dem Hügel! Enki oblag es, all diese Menschen mit ihren überzogenen Wünschen fortzuschicken, denn er vermochte das auf höfliche Weise. Doch mit jedem noch so freundlich verabschiedeten Kunden litt der Ruf des Fleckens ein wenig mehr. „Der Herr von Pearl gleich nebenan hat auch nur mit einer Mühle angefangen, aber dort kann man jetzt Sauerkraut frisch aus dem Fass essen!“ riefen die Leute den Dorfgründern ins Gedächtnis. „In Zukunft sollten wir unser Korn nach Pearl bringen, um es dort mahlen zu lassen.“
„Eine Mühle mitten in nem Kohlfeld würde aber etwas merkwürdig wirken“, erwiderte Enki grinsend. Doch das Lachen erreichte nicht die Augen und fror rasch in seiner Miene ein. Allen war klar: Es musste etwas geschehen!

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Di 2. Apr 2013, 01:47
von Gast
Einwohner: Dorfoberhäupter: 3/ Handwerker: 4 / Bauern: 8

Auf diese Weise verging ein Jahr. Erneut kehrte das Osterfest wieder und die im Vorjahr gepflanzten Büsche standen in voller Blüte. Doch die Verkäufe liefen schleppend und viele Bauern suchten lieber andere Mühlen auf, denn der Mühlenbann, der sie zur Nutzung einer bestimmten gezwungen hätte, wurde vom Landesherrn nicht durchgesetzt. Der edle Herr stand auf dem Standpunkt, eine gesunde Konkurrenz der Müller käme dem zügigen Aufbau des Landes zugute. Nur in Mühlingen, da wurde nicht aufgebaut und schon gar nicht zügig…
Am letzten Tag der Osterfeierlichkeiten sprach es sich herum: Der Landesherr hatte einige der erfolgreichsten Neusiedler mit einer Goldspende bedacht. Der Name Saloniki fiel, außerdem weitere, die Enki nicht kannte. Die Mühlinger aber hatte man nicht einmal eingeladen. Ihre blühenden Büsche erschienen den Dörflern nun wie Hohn.

Ottmar und Roswita drängten nun darauf, endlich ebenfalls eine Saftpresse und eine Garküche anzuschaffen, doch Enki riet davon ab. Die Kunden würden niemals zufrieden sein, warnte er seine Freunde. „Gibt man einmal nach, erscheinen sie mit einem neuen Bewerbchen wieder. Wir wären ständig nur am Reagieren. Klüger dünkt es mich, wir gingen in die Offensive!“ Auf Roswitas Frage, wohin man gehen müsse und warum man denn nicht in Mühlingen bleiben könne, es wäre hier doch so schön, erklärte der Spielmann: „Das ist ein lateinisches Wort. Es bedeutet, dass wir offen angreifen müssen… glaube ich.“

In den folgenden Tagen hörte man ein Hämmern und Sägen aus dem Wald, als ob die Mühlinger sich eine Arche bauen wollten. Ottmar und Enki legten selbst beim Holzfällen mit Hand an, während man Roswita mit Nägeln und Schrauben hantieren sah. Es stank bestialisch nach Lack und die Fallensteller machten gute Beute, denn die Tiere des Waldes flohen in Scharen vor den werkelnden Zweibeinern.
Als die Bauern nach den Feiertagen wieder mit ihren Lasten des Wintergetreides kamen, stellten sie fest, dass die Mühle in Betrieb war. Doch sie lief nicht leer und es befand sich auch kein Korn im Mahlwerk. Die schweren Flügel trieben eine riesige Säge an! Zwei neue Siedler, leibliche Brüder, hatten sich auf dem Hügel niedergelassen: Ein Holzfäller und ein Zimmermann. Die Herren der Mühle waren nun nicht mehr auf die Bauern angewiesen, besaßen sie doch nun ein windgetriebenes Sägewerk.

Ein glücklicher Zufall – oder war es göttliche Fügung? - kam den Mühlingern zu Hilfe, als kurz darauf direkt am Fuße ihres Berges eine königliche Droschke verunglückte. Die beiden Brüder stellten sich als geschickte Stellmacher heraus, die das Gefährt rasch wieder auf die Beine beziehungsweise Räder brachten. Die Reisenden versprachen, anzuregen, doch hier eine Kutschenstation einrichten zu lassen, ein passendes Gebäude sollten die Mühlinger schon einmal zurechtzimmern.
Und so ging Ottmars größter Traum in Erfüllung: Seine eigene Kutschenstation!
Die Brüder aber werkelten insgeheim an einem verbesserten Kutschenmodell, eines, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte, wie sie behaupteten. Sie reisten viel herum, besprachen sich mit anderen Handwerksmeistern und brachten von jeder Reise ein neues „Puzzleteil“ mit, das sich schon bald zu einem großen Werk zusammenfügen sollte.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 16:27
von Gast
Nach den entbehrungsreichen Tagen des Aufbaus war nun nicht nur das Überleben gesichert, nein, es kehrte sogar echter Wohlstand in Mühlingen ein.
Die Besatzung der Kutschenstation sorgte dafür, dass nun doch noch eine Suppenküche und eine Saftpresse eingerichtet wurden, immerhin wollten die Durchreisenden, unter denen sich oftmals Gelehrte, Kirchenmänner und Personen von Stand befanden, gut versorgt werden. Die abfallenden Reste ihrer üppigen Mahlzeiten landeten auf dem Mühlinger Wochenmarkt, so dass sich Ottmar gezwungen sah, einen weiteren Marktstand, doppelt so groß wie die bisherigen, aufzubauen.
Enki reiste oft in der Gegend umher, nun, da er in Mühlingen nicht mehr so nötig gebraucht wurde. Der Spielmann unterhielt die Nachbarn mit seinen Liedern und packte auf deren Höfen kräftig mit an. Zum Lohn gab es manchmal ein Ferkelchen, eine Topfpflanze oder eine Handvoll Taler.
Als er eines Tages wieder Mühlinger Grund und Boden betrat, traute er zuerst seinen Augen nicht: Die bisherigen Trampelpfade, die lediglich aus aufgeschüttetem Sand bestanden, waren mit gestampftem Lehm befestigt worden, so dass sie nun die Bezeichnung Wege tatsächlich verdienten. Auch waren Ottmar und Roswita nicht müßig gewesen und hatten mit dem Holz aus dem Sägewerk fast alle Gebäude aufgestockt.
Während der Bautätigkeit waren immer wieder Hinterlassenschaften früherer Siedlungen zutage getreten, mal ein Webstuhl, mal der Zaun eines großen Gatters oder auch ein Fahnenmast. Auch stellte sich heraus, dass vor der Windmühle eine Wassermühle in der Gegend ihren Dienst getan hatte. Man konnte den versumpftten, mit Schilf überwucherten ehemaligen Mühlenteich noch deutlich erkennen. Enki nahm sich vor, das Becken eines Tages wieder herzurichten und mit leckeren Forellen zu besetzen.
Roswita begann, all die zusammengetragenen Teile zu sammeln, denn man wisse ja nie, wozu sie noch verwendbar seien. Wann immer Enki nun wieder das Dorf verließ, erhielt er den Auftrag, diese Relikte möglichst günstig gegen andere einzutauschen – der arme Spielmann kam sich bald wie ein Schrotthändler vor.
Zu Anfang dachte sich niemand etwas dabei, doch als eines Tages das Fragment einer Statue auftauchte, die den Satan darstellte, wurde es den Mühlingern mulmig. Was für Menschen hatten einst auf ihrem Land gelebt? Warum und wohin waren sie verschwunden? Hatte das unheilige Standbild etwas damit zu tun? Sie mussten es herausfinden!

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Fr 5. Apr 2013, 17:01
von Gast
Aufgrund des intensiven Ackerbaus wurde der Boden am Fuße des Mühlbergs zunehmend schlechter. Um sich nicht ihrer Existenzgrundlage zu berauben, ließen die Siedler daher ihre bisher besten Felder vorerst ruhen. Von nun an sah man nur noch wenig Kohl, Kartoffeln und Weizen heranreifen. Dafür gediehen auf den Brachflächen allerlei Kräuter bestens. Bisweilen fand sich wilder Salbei, doch in der Hauptsache zogen die Mühlinger Kamille heran.
Solch gewöhnliches Kraut ließ sich natürlich nicht an den Marktständen anbieten, dennoch bescherte es einen erklecklichen Gewinn.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: So 7. Apr 2013, 15:30
von Gast
- Abseits von Mühlingen - (Server 2)

Eines Tages brachte eine Postkutsche Enki ein gesiegeltes Schreiben. Des Spielmanns Blick fiel auf das Siegel und er erbleichte. Nachdem er das Schreiben überflogen hatte, sackte er erst Recht in sich zusammen. „Dieser Mistkerl… nach all den Jahren!“
Sogleich eilten Ottmar und Roswita herbei. Des Lesens ansatzweise kundig, entzifferten sie gemeinsam in den Inhalt des Briefes, jeder einen Absatz, bis sich ihnen der Sinn der Zeichen erschloss.
„Na, das ist doch wunderbar!“ jauchzte Roswita. Ottomar klopfte Enki auf die Schulter. „Dein alter Herr hat dich also endlich anerkannt? Das muss gebührend gefeiert werden! Ich wollte sowieso noch mal mit dir über den Weinkeller sprechen, den wir bauen wollten…“
Enki schüttelte den Kopf. „Nein, kein Fest! Oder allerhöchstens Leichenfeier. Lest doch weiter! Mein Rabenaas von Vater ist ein Baron und weil ihn die Altersleiden zwicken und zwacken, zieht er sich in den Ruhestand zurück. Das bedeutet, er wird weder auf ritterliche Turniere fahren, noch sich weiter um seine Ländereien kümmen. Er hat mir ein Stück Land geschenkt… Und falls ich Gold brauche, solle ich es nur ruhig schreiben…“ Wütend trat der Spielmann einen Stein so hart, dass er in hohem Bogen in den halbfertigen Forellenteich fiel. „Das kann er doch mit mir nicht machen!“ zischte Enki. „Ich lasse mich nicht an einen Ort binden!“
„Ruhig, Gevatter, ganz ruhig!“ sprach Ottmar. „Stell Gesinde ein und lass Vieh auf deinem Land weiden. Die Zeit wird kommen, da wirst du dich über den Notgroschen freuen, den dir dein Erbe beschert. Bis dahin aber leg die Besitzurkunde in ein Kästchen, schließ es ab und denk nicht mehr an deine ‚Bürde’!“
Und so geschah es. Enki bleib der Spielmann von Mühlingen, Ottmars und Roswitas Freund und Berater.

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Mo 8. Apr 2013, 20:31
von Gast
Die Ausschachtung des alten Fischteiches am Fuße des Mühlbergs ging nur schleppend voran. Zwar waren seit vielen Tagen waren keine verstörenden Relikte mehr ausgegraben wurden, doch der Aberglaube der Dörfler saß tief und so richtig mochte niemand mehr zur Schaufel graben. Nur wenn jemand über die Stränge schlug, indem er beispielsweise unzüchtige Lieder in der Öffentlichkeit zum Besten gab, wurde derjenige von Ottmar zur Zwangsarbeit am Forellenteich verdonnert.
So ruhten die Arbeiten derzeit und nur der Spielmann saß an der Baustelle, um sich von ihrer Verlassenheit und Hoffnungslosigkeit zu einer düsteren Ballade inspirieren zu lassen.
Wie Enki da so im Gras lag, sah er einen Fremden die Straße entlang wandern. Es handelte sich um einen der entfernteren Nachbarn, den Kleinbauern Saloniki. Sicher wollte er seine Holzwaren abholen, doch, halt, wäre der Mann dann nicht mit einem Ochsengespann aufgekreuzt?
Nachdem Saloniki den Spielmann begrüßt und sein Anliegen vorgetragen hatte, grinste Enki von einem Ohr zum anderen. Er erklärte: „Ich kann mich irren, aber ich glaube, unser edler Herr möchte die Tierchen einer Dame zum Geschenk machen. Entweder einer, um die er wirbt, oder deren Tochter aus erster Ehe oder Nichte... der Möglichkeiten gibt es da viele.
Ich würde besonders flauschige Häschen mit großen dunklen Knopfaugen auswählen, anstatt aufs Schlachtgewicht zu achten.“
Nach Namen aus den heidnischen Ländern befragt, nannte er zuerst die schöne Helena und Paris für einen Rammler.
„Für Zibben wären passend, hm, mal nachdenken… Hera, Athene, Aphrodite, Eiris... nein, Eiris besser nicht, soll ja keinen Ärger geben! Lieber Penthesilea.
Naja und was die Männer angeht, so würde ich davon abraten, Gottheiten zu wählen. Bedienen wir uns mal bei den Helden aus alter Zeit: Odysseus, Achill, Hektor und Ajax.“
Damit hatte Saloniki jeweils fünf Namen für jedes Geschlecht, aus denen er sich die schönsten aussuchen konnte.
Nur mit der düsteren Ballade war es Essig, da der Spielmann für den Rest des Tages die verschmitzten Knopfaugen nicht aus dem Kopf bekam. Das hatte man nun von der Nachbarschaftshilfe!

Re: Die Dorfchronik von Mühlingen

Verfasst: Fr 12. Apr 2013, 22:24
von Gast
Einwohner: Dorfoberhäupter: 3/ Handwerker: 8 / Bauern: 12

Eine neue Flagge wehte im Wind. Die simple Stoffbahn mit dem Wappen der königlichen Kutschengesellschaft zog neue Siedler an. Sie signalisierte weithin: Das hier ist nicht einfach nur eine Mühle mit ein paar Marktbuden drumherum! Mühlingen ist ein richtiges Dorf!
Die zusätzlichen Arbeiter wurden auch dringend benötigt, denn ein neues Projekt erforderte viele Hände zum Anpacken.
Ein alter Kessel und ein Rezeptbuch waren beim Umgraben der Felder zutage getreten. Es handelte sich um Überbleibsel einer Brennerei, die einst hier gestanden hatte, und die Dorfgründer hatten es sich in den Kopf gesetzt, die Anlage erneut aufzubauen. Das nötige Gold, um gelehrte Meister ihrer Zunft zu bezahlen, stellte der Baron von Bachental, Enkis alternder Vater, zur Verfügung. Genaugenommen ging gewisser Teil davon an den Grafen, zu dessen Domäne Mühlingen gehörte, da dieser sich dem Plan zuerst überhaupt nicht aufgeschlossen zeigte. Zwar erlaubte er einen Weinkeller, meinte jedoch, den Mühlingern fehle es an der nötigen Erfahrung um eine Brennerei zu betreiben. Erst, als der Bürgermeister der Grafenstadt ein gutes Wort einlegte - immerhin hatten die Mühlinger ihm auf der Landpartie zum Geburtstag einen gar köstlichen Pflaumensaft serviert – ließ sich der Graf erweichen.

Doch nicht nur der Adlige, auch die Dörfler zeigten sich skeptisch. Waren der alte Kessel und all die dampfenden Ventile nicht Teufelswerk aus einem verfluchten Dorf, das der Herrgott von der Erdoberfläche getilgt hatte? Das wollte man wieder aufbauen?! Nein, bei allen Heiligen, daraus konnte nichts Gutes erwachsen!
Noch während der Arbeiten pflanzte Ottomar einen Apfelbaum. Einmal im Leben wollte er Apfelbrand trinken! Äpfel waren nichts, was der normale Bauer auf seinem Land zog. Die Samen stammten aus einem nahegelegenen Klostergarten. In einem Kästchen aus Bronze waren sie geliefert worden…
Ob diese vom Göttlichen berührte Herkunft der Früchte wohl gegen die Verseuchung des Landes helfen würde, fragten sich die Mühlinger? Oh, ja, die Dorfherren behaupteten, der Boden müsse sich nur erholen, weil zuviel Korn gepflanzt worden war und die Kräuter, die nun wild auf dem alten Feld wucherten, würden dem Erdreich gut tun. Aber man wusste ja, dass Kräuter von Hexen verarbeitet wurden. Und wer hatte je davon gehört, dass die Erde schlafen und Kräutertee trinken müsse, um wieder zu Kräften zu kommen?! Nein, Unfug, der Boden brachte deswegen weniger Ertrag hervor, weil die Teufelsstatue darin vergraben gewesen war! (Und wer weiß, was noch alles…) War der neue Apfelbaum vielleicht gar der Anfang vom Ende und der Sündenfall würde sich wiederholen?

„Was ist mit unseren Dörflern los, dass sie so einen Schmarrn von sich geben?“ keifte Roswita ein ums andere Mal, wenn sie dergleichen Vorwürfe hörte.
„Es geht zu schnell“, versuchte sich Enki dann an einer Erklärung. „Wir bringen ihren bäuerlichen Alltag durcheinander mit unseren hochfliegenden Plänen. All die Veränderungen der jüngsten Zeit, das ist schwer zu schlucken. Wart´s ab, sie werden sich daran gewöhnen. Sobald unsere kleines Weingut steht, werden sie es nimmer missen wollen. Ein ordentlicher Umtrunk hat noch jedesmal und überall alles wieder ins rechte Lot gerückt.“
Ob der Spielmann wohl Recht behalten würde?